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HIV Letter

HIV-Beratung in der Apotheke

Die Philosophie in der Wittelsbacher-Apotheke in München lautet: Kundenzufriedenheit bei größter Arzneimittelsicherheit. Deshalb hat sich die Leiterin der Apotheke, Frau Isolde Meyer, entschlossen, auch für eine so kleine Gruppe wie HIV-Positive eine internen Leitfaden für HIV-Beratung in ihrer Apotheke auszuarbeiten. Im Folgenden stellt sie einige wichtige Punkte dieser Beratungslinie vor.

Es ist schade, dass sehr viele HIV-Patienten ihre Rezepte in Versandapotheken einlösen. Sie haben zwar den Vorteil der Anonymität, aber ein Apotheker vor Ort könnte mit einer guten „Rund-um-Beratung“ sehr viel mehr bieten. Auch wenn man nur einen einzigen HIV-Patient hat, sollte man sich die Mühe machen, ein paar Grundregeln zu beachten. Der HIV-Patient ist schließlich ein chronisch Kranker, der Ihrer Apotheke über Jahre treu bleibt und sich somit eine besondere und intime Patient-Apotheker-Beziehung aufbaut.

Erstgespräch

Bereits beim Erstgespräch ist das Wichtigste, Vertrauen zu schaffen und auf Diskretion zu achten. Bitten Sie Ihren Patienten bei einer HIV-Beratung zur Seite in eine ungestörte Beratungsecke und begrüßen Sie ihn mit einem kräftigen Handschlag. Fragen Sie ihn, wie lange er diese Medikation schon einnimmt, oder ob vor kurzem ein Therapiewechsel stattgefunden hat. Falls es eine Erst-Therapie ist, sollten Sie ihm in Ihrem Beratungszimmer ein Gespräch anbieten und Ihren Kunden ermutigen, Sie alles zu fragen.

Compliance

Eine Ihrer Hauptaufgaben als Apotheker ist es, auf die Compliance Ihrer HIV-Kunden zu achten, denn selbst bei einer Therapietreue von 90%, wird nur noch ein 50%iger Therapieerfolg erzielt. Bewährt hat sich der Ratschlag einer ritualisierten Medikamenten-Einnahmezeit, z.B. an das Zähneputzen gekoppelt oder abends bei der Tagesschau oder Ihr Kunde lässt auf dem Handy zur Einnahmezeit einen Spezialklingelton läuten. Empfehlen Sie ihm, eine Pillendose für Wochenrationen zu benutzen und erklären und üben Sie das „Packen“ der Medikamente mit ihm. Schenken Sie Ihren HIV-Kunden ein kleines unscheinbares Pillendöschen für eine Notration, damit die Einnahme nicht unterbrochen werden muss, wenn er mal nicht nach Hause kommt.

Nebenwirkungen

Fragen Sie Ihren Kunden bei jeder HIV-Beratung nach seinen aktuellen Laborwerten und wie es ihm geht. Bei neuen Arzneimitteln kommt es in etwa 40% aller Fälle zu Übelkeit, seltener zu Erbrechen. Erklären Sie Ihrem HIV-Kunden, dass diese Nebenwirkungen vorübergehend sind. Das erhöht die Compliance. Die meisten Proteasehemmer bewirken bei bis zu 60% der Patienten mehrere weiche, zum Teil explosionsartige Stuhlgänge pro Tag. Empfehlen Sie Ihren Kunden, ihre HIV-Medikamente zusammen mit einer kleinen Mahlzeit einzunehmen, aber cave: Efavirenz, Didanosin und Stavudin sollten immer nüchtern eingenommen werden! Bei dauerhaftem Durchfall muss überprüft werden, ob Nährstoffe, Vitamine und auch die Medikamente genügend vom Körper aufgenommen werden.

Gerade bei HIV erleben viele der Betroffenen eine frühe Konfrontation mit der Endlichkeit des Lebens. Ängste vor dem Verlust der Selbständigkeit und Isolierung können das Denken und Handeln negativ bestimmen. Nicht selten führen diese Ängste zu einer Depression, aus der sich der Patient nicht mehr mit eigener Kraft befreien kann. Stark belastende Situationen sind die Mitteilung des positiven Testergebnisses, der Beginn der Medikamenteneinnahme oder ein Wechsel der Kombinationstherapie, da das Versagen der Therapie wieder alte Ängste wach ruft. In diesen Situationen ist neben dem Arzt auch der Apotheker gefordert, Verständnis für den Erkrankten zu zeigen, ihm die Möglichkeit zu geben, über sein Leiden und seine Sorgen zu sprechen und vor allem ihn zu ermutigen, eine Psychotherapie zu beginnen bzw. entsprechende Arzneimittel zu nehmen.

Da beispielsweise Efavirenz oder Lopinavir selbst depressive Tendenzen verstärken können, kann man dem Patienten auch die Möglichkeit eines Therapiewechsels vorschlagen. Wegen der gemeinsamen Verstoffwechselung durch das Cytochrom-P450-Enzymsystems konkurrieren einige Antidepressiva mit den HIV-Medikamenten um den Abbau, so dass es zu verstärkten Nebenwirkungen wie Schlafstörungen, starke Mundtrockenheit und zu erhöhter Suizidgefahr kommen kann.

Wechselwirkungen

Die wichtigsten Wechselwirkungen mit OTC-Präparaten sollte der Apotheker bei einer HIV-Beratung auswendig kennen:

  • Johanniskraut, Ginkgo und Ginseng führen zu einem beschleunigten Abbau der Proteasehemmer und NNRTIs.
  • Vor allem Atazanavir benötigt einen niedrigen pH-Wert. Daher sollten Antazida und H2-Blocker zeitversetzt eingenommen werden und PPIs nach Möglichkeit ganz vermieden werden.
  • Kohle sollte wegen der aufsaugenden Wirkung zeitversetzt eingenommen werden.
  • Colibakterien und auch Perenterol können bei schlechtem Immunstatus zur Infektion des Darms führen.

Interessierten Kollegen stelle ich gerne meine Beratungsleitlinie „HIV-Beratung in der Apotheke“ zur Verfügung.

http://www.hivinfo.de